Ladeversuch zur Kapazitätsbestimmung

Ich bitte um Anregungen/Hinweise, auf was ich beim kommenden Versuch achten soll.

Ich muss am Sonntag auf eine 320km lange Rundreise gehen. Dazu werde ich:

  1. den Wagen am Sa. Abend (3*28A) voll aufladen und über Nacht auf 100% am Netz lassen. Ich vermute, er wird ins Balancing gehen. Ich notiere die angezeigte max. Reichweite.
    (sieht im Moment nicht schädlich aus, da es über Nacht bei uns einstellige Temperaturen hat)

  2. Sonntag fahre ich dann die 320 km mit so viel ‚Dampf‘, dass ich mit 0 km nach Hause komme. Danach notiere ich die Bordanzeige.
    (das letzte Stück ist leere Autobahn, da kann ich die Geschwindigkeit gut einstellen)

  3. dann lade ich am Zähler (leider nur 3*16A) über Nacht wieder auf 100% auf. Dabei notiere ich Anfangs- und Endstand sowie die max. angezeigte Reichweite.

Damit sollte ich ein Gefühl für die Akkukapazität (über die Entnahmeanzeige), die Ladeverluste (bei 3*16A) (vergleich Ladung/Entnahme) und den Gewinn durchs Balancing (Vergleich beider max. Reichweiten) bekommen. Das letzte Balancing, falls ich es richtig mitbekommen habe, fand zu Ostern statt.

Was kann man noch dabei rausfinden?

Denke das ist ein guter Ansatz, auch um Vertrauen zu bekommen.

lg

Eberhard

Ich habe vor, diesen Versuch jedes Jahr zu wiederholen, um die Alterung des Akkus zu dokumentieren. Nachdem ich diese Vorlesung von Prof. Jeff Dahn (amerikanisch) gesehen habe, ist mir um meinen Akku nicht mehr bange. Er hat Forschungen und Testreihen an den aktuellen Zellen beschrieben und auch in etwa die Zellen vorgestellt, die wir in unserem TESLA haben. Besonders interessant waren die Forschungsergebnisse, wie man aus wenigen Zyklen auf die Lebensdauer von Li-ion-Zellen schließen kann. Ganz toll.

Ich werde einen Reichweitenverlust sehen, aber der wird nicht so wirklich groß sein. Da ich meine Zellen umsichtig betreibe, werde ich sogar viel besser als diese Wort Case Szenarien sein. Ich gehe von weniger als 1% pro Jahr aus. Aktuell hat mein Akku nach 10.000 km noch 0 km Verlust (nach Anzeige). Den aktuellen Stand gilt es jetzt mit einer echten Fahrt zu dokumentieren, damit ich im kommenden Jahr dann echte Verlustzahlen präsentieren kann.

Das Entscheidende bei diesem Test ist die untere Entladegrenze. Ist die Anzeige " 0 km " wirklich die untere gleichbleibende Entladegrenze ?

Bei meinen bisherigen E-Autos ( Renault Fluence ZE, Smart ed, Renault ZOE , BMW i3 , VW e-up ) mit denen ich diesen Test durchgeführt habe, benutzte ich zur Vergleichbarkeit als untere Entladegrenze immer die Fahrt bis zum Stillstand ( Abschalten durch die Fahrzeugelektronik). Diesen Punkt genau vor einer Ladestelle ( Steckdose) zu erreichen ist etwas schwierig. Die allerletzten Elektronen aus den Akkus habe ich dabei immer durch auf und abfahren in meiner etwas abschüssigen Einfahrt erreicht.

Nach meiner Ansicht ist nur dieser Abschaltungszeitpunkt durch die Fahrzeugelektronik eine auch nach Jahren zuverlässig reproduzierbare untere Entladungsgrenze !

Die Anzeigen sind je nach Fahrzeughersteller „fliessend“ und variieren. Dies sind zumindest meine Beobachtungen bei den oben genannten Fahrzeugen.

Interessantes Argument. Ich frage mich aber, wie die Bordelektronik die Abschaltgrenze im Auto feststellt? Vermutlich doch auf die gleiche Weise, wie die 0 km Reichweite. Durch eine exakte Spannungsmessung. Da der Akku zu diesem Zeitpunkt wegen der Sicherheit gegen Tiefentladung immer noch nicht leer ist, ist das Fahren bis 0 oder bis Stillstand gleich richtig oder falsch. Es könnte ja auch sein, dass einfach die Sicherheitsreserve gegen Tiefentladung kleiner wird.

Da fällt mir dazu ein, dass ja jeder Block in der Batterie eine eigenen Spannungsmessung haben muss. Sonst könnte man ja kein Balancing durchführen. Und wenn ich TESLA wäre, würde ich die verbleibende Reichweite nach der niedrigsten Spannung rechnen. Es geht ja um die Sicherheit der Batterie. Also sinkt in Folge die nutzbare Kapazität des Akkus.

So, jetzt habe ich die Tour durch. Es wurden dann doch 361,5 km, die ich wegen vieler Baustellen und Landstraßen in 4h schaffte. Zwischen Ausstecken und Wiedereinstecken lagen 10 Stunden.

Genau vor zu Hause sprang die Anzeige von 1 km auf ‚Charge Now‘ um.
Die Anzeige für die verbrauchte Energie stand auf 73,9kWh. Durchschnitt 204 Wh/km.

Da der Vampirverlust im Stand soviel ich weiß nicht auf den Zähler geht, muss ich ihn für 6h extra hinzufügen. 6h*62,5W=375Wh.
Macht zusammen 74,275kWh. Vergleicht man das

mit dem Diagramm, so hätte ich gegen den spezifizierten Idealzustand 2,1% oder 1,625 kWh (=8km Typical Range) verloren.

Ich wollte in der Nacht zuvor eigentlich ein Balancing durchführen. Doch das klappte nicht und da der Wagen die Ladung beendete und über Nacht von 399 auf 394 km TR verlor, habe ich ihn morgens nochmal nachgeladen. Bei 399km war wieder Schluss. Also kein Balancing. Nach dem Balancing vor 1 Monat hatte der Wagen 404 km max geladen. Ziehe ich diese 5km von den rechnerischen 8km ab, so liege ich nach einem Balancing bei unter 1%. Und sollte der Vampirstrom nie mitgezählt werden, dann komme ich tatsächlich auf weniger als 0,5%. Das kann ich aber gar nicht richtig glauben, da die Alterungskurven am Anfang einen stärkeren Abfall zeigen, und sich dann eine gleichmäßige, geringere Rate einstellt.

Leider kommt mit dem Neuwagen keine Spec des verbauten Akkus mit. Es könnte ja sein, dass man etwas weniger oder mehr als die spezifizierten, nutzbaren 75,9kWh bekommt.

Ich bin aber froh, dass ich immerhin so genaue Werte herausbekommen habe.

Mich wundern die diversen Berichte / Versuche bzgl. einer genauen Kapa.bestimmung. Ihr geht offenbar davon aus, dass nutzbare Akku-Kapa messbar und konstant ist wie die Menge Wasser in einem Eimer. Aber das ist nicht der Fall.

Sowohl Lade- als auch Entladenutzungsgrad sind unter anderem von der Temperatur abhängig: je niedriger die Temperatur, desto höher der Zellen-Innenwiderstand, oder - anhand der Energiebilanz betrachtet - bei niedrigen Temperaturen werden beim Laden bzw. Entladen mit einem Teil der hineingesteckten bzw. entnommenen Energie die Zellen erwärmt, so dass der Nutzen (geladene Kapa bzw. Energie fürs Fahren) bei niedrigen Temperaturen geringer ist als bei höhereren (Akkus sollten aber nicht über 45 Grad Celsius heiß werden - das geht massiv auf die Lebensdauer).

O.k., das ist vermutlich allgemein bekannt bzw. leicht „erfahrbar“.

Weniger bekannt ist vielleicht der mit der Peukert-Funktion beschriebene Effekt, dass schnelleres Entladen weniger entnehmbare Kapa bedeutet als langsames Entladen. Nehmen wir an, die in Wikipedia genannte Peukert-Zahl für Li-Ion von k = 1,05 gilt auch für Tesla-Akkus und Tesla bezieht sich bei der Nennkapazität auf ein gleichmäßiges Entladen innerhalb von 10 Stunden (könnte 600 km Reichweite bei konstant 60 km/h entsprechen; weiß nicht, ob das wirklich geht, fahre keinen Tesla) .

Setzen wir diese Nennkapa = 100 %, dann ergibt sich entsprechend der Peukert-Kurve bei einer Komplett-Entladung

  • innerhalb von 5 Stunden (450 km Reichweite mit 90 km/h ?) eine Kapa von (5/10)^^0,05 = 96,6%
  • innerhalb von 3 Stunden eine Kapa von (3/10)^^0,05 = 94,2 %
  • innerhalb von 2 Stunden eine Kapa von (2/10)^^0,05 = 92,3 %
  • innerhalb von 1 Std. 15 min (schneller geht kaum, auch nicht auf einer Rennstrecke, wg. begrenzter Dauerleistung) eine Kapa von (1,25/10)^^0,05 = 90,1 %

Das sind rein mathematische Werte (mit k = 1,05; Exponent also 0,05). Tatsächlich ist der Funktionsverlauf nur empirisch bestimmbar und nicht unbedingt stetig. Der k-Wert selbst ist übrigens von Parametern wie genauer Zellchemie, -alter, -temperatur etc. abhängig. Die Zusammenhänge sind Gegenstand der Forschung, siehe z.B. hier.

Was ich damit sagen möchte: es lohnt sich imho nicht, Akkus zu stressen (Restreichweite Null), nur um irgendwelche Pseudo-Genauigkeiten für die Kapa oder das Alterungsverhalten zu bestimmen. Man wird es nur mit sehr viel Aufwand schaffen, einen jeweils identischen „Versuchsaufbau“ zu realisieren, um die Kapa über die Zeit hinweg wirklich aussagekräftig vergleichen zu können.

Danke für diesen Input. Das war mir noch nicht bekannt. Bin kein Elektroingenieur. Ich habe die Durchschnittsgeschwindigkeit und die Temperaturen protokolliert, damit kann man an dieser Stelle ähnliche Bedingungen einmal pro Jahr einstellen. Damit sind dann zwar keine absoluten aber relative Zahlen möglich.

Über die weitgehende Vermeidung von Stress auf die Zellen habe ich ja schon was geschrieben.

Heute in der Nacht ist der Wagen dann wieder voll gewesen. Hübsch konstant mit 3*16A geladen. Verbrauchte Energie am Zähler 87kWh. Macht einen Ladeverlust von 14,7%. So eine Zahl hatte ich schon früher mal ausgerechnet. Stellt sich mir die Frage, wo diese Differenz geblieben ist? Natürlich in Wärme umgesetzt. Aber in der Garage oder auf der Straße?

Heute früh stand dann nach diesem vollen Lade-/Entladezyklus wieder 404km Typical Range auf dem Display. Hier habe ich das beschrieben. Gegenüber dem ersten Tag habe ich damit nix verloren.

Das heißt für mich, dass TESLA von einer nutzbaren Kapazität für meinen Akku von 80,8kWh ausgeht. Addiert man darauf noch die Zero Mile und Bricking Protektion drauf, läge mein Akku bei 89,8kWh. Jetzt verstehe ich besser, was just_cruise gemeint hat. Wir kennen weder kappa noch die Annahme, mit welcher Entladerate TESLA seine Stromentnahme für die Reichweite rechnet. Und überhaupt stellt sich die Frage, ob das System meine typische Entladerate ‚lernt‘ oder immer wieder alles auf Null setzt.

So langsam komme ich zu dem Schluss, dass mir das alles ziemlich egal ist und ich nur einmal im Jahr die Schätzbasis durch zweimal Max Laden verbessern werde und dabei auch teste, wie weit ich persönlich mit meiner Fahrweise noch komme. Sollten sich da größere Verschlechterungen mit der Zeit ergeben, muss ich neu entscheiden.

Nach rechnerischen 35 Vollzyklen ist an meinem Akku genau nix passiert. Das beruhigt mich. Ein deutscher oder japanischer E-Kleinwagen hätte jetzt locker schon 150 Zyklen drauf und hätte die Minima und Maxima deutlich öfter ausgetestet.

Aus deinen Erfahrungen kann man nun gut ableiten, warum der 85kWh Akku preiswerter im Betrieb ist als die 60kWh variante. Niedrigere Belastung bei flacherer ladung = weniger Stress = mehr (Teil)LadeZyklen.

lg

Eberhard